Bericht aus der Ostthüringer Zeitung (OTZ) vom 20.11.2025, von Peter Cissek
Tanna. Die aus Finnland stammende Trendsportart „Hobby Horsing“ ist in Tanna angekommen. Doch wie kommen Leute dazu, auf einem Steckenpferd zwischen den Beinen in der Turnhalle zu „reiten“ und die Bewegungen der Vorderbeine eines Pferdes zu übernehmen? „Meine Schwiegermama führt den Reiterhof Ulrich in Tanna. Dort finden regelmäßig Reitercamps statt. Da die Pferde regelmäßig Pausen brauchen, hatten wir ersatzweise Steckenpferde gebaut und mit diesen zwischendurch geübt. Das hat den Kindern in den Camps sehr gut gefallen. Diese Übungen haben ihnen Reiterwissen vermittelt, wodurch der Einstieg in das richtige Reiten erleichtert wird“, sagte Trainerin Lucy Ulrich.
Es gebe viele Kinder, die im Alter von drei bis vier Jahren auf einem Pferd Reiten lernen wollen. Doch Lucy Ulrich sieht die Zeit des Knochenwachstums der Kinder für verfrüht an. „Mit einem Steckenpferd lernen sie sämtlichen Bahnfiguren von Zirkel bis Volte. Wenn sie eines Tages im Sattel sitzen, kennen sie bereits die unterschiedlichen Gangarten eines Pferdes. Ich hätte nie gedacht, dass das den Kindern so viel Spaß macht“, sagte Lucy Ulrich, die vor gut einem Jahr die Hobby-Horse-Sektion beim SV Grün-Weiß Tanna ins Leben rief. Das ist der Verein, in dem sie Frauenfußball spielte und ihr Mann seit seiner Kindheit als Fußballer aktiv ist. Hobby Horsing sei eine bei Mädchen beliebte Sportart, während das Reiten ein teures Hobby sei.
Selbst bei der Anschaffung eines Steckenpferdes, das die meisten für etwa 70 Euro kaufen, gäbe es inklusive Zubehör preislich keine Grenze nach oben. Im Reiterhof habe man damals die Steckenpferde aus Holz selbst angefertigt, bemalt und an einen Stab befestigt. Inzwischen hat die Sektion sechs fest angemeldete Kinder, die am wöchentlichen Training in der Tannaer Turnhalle teilnehmen. Es gebe viele Interessenten, doch die Hallenzeiten donnerstags von 14.30 bis 16 Uhr seien nicht für alle Kinder beziehungsweise Eltern machbar. Andere Kinder kämen an den Wochenenden zum Hobby Horsing auf den Reiterhof.
Psychologisch spielt auch die Möglichkeit, sich durch diese Aktivität körperlich auszudrücken, eine große Rolle. Ähnlich wie andere Tanz- oder Bewegungssportarten fordert Hobby Horsing Körperbeherrschung, Koordination und Fitness. Teilnehmer müssen springen, galoppieren, Dressurbewegungen simulieren und ihre Technik verfeinern. Dabei wird der Sport oft als befreiend und fantasievoll empfunden. Darüber hinaus schafft Hobby Horsing eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten, in der Kreativität gefeiert wird.
Ihre Ausbildung als Ergotherapeutin helfe ihr, wenn sie auf die Gelenkstellungen und den Muskeltonus der Kinder achte. „Was mir berufsbedingt zugutekommt, ist, dass ich Adaptionen schaffe, damit selbst ein blindes Mädchen die Sportart erlernen und mitmachen kann“, erklärte Lucy Ulrich.
Sie gehe speziell auf die Kinder ein. Denn beim Springreiten müssen sie nicht nur mit dem Steckenpferd zwischen den Beinen über Hindernisse springen, sondern auch wieder auf ihren Füßen landen. „Es ist ganz wichtig, auf die Sicherheit zu achten. Dazu müssen die Kinder vorher schon muskelaufbauende und gelenkstärkende Übungen absolvieren, damit sie sich beim Sprung nicht verletzten. Denn Matten gibt es nicht“, erklärte sie. Bei der Mitteldeutschen Meisterschaft vergangenen Samstag in Eisenberg, an der sie mit ihrer Gruppe teilnahm, sprang ein Hobby-Horse-Sportler über eine Rekordhöhe von 1,54 Meter.
Sie werde für die Sportart sehr oft belächelt. „Ich finde, bis zu einem gewissen Alter ist das eine super Sportart, die den Kindern Spaß macht. Aber auch ich finde es befremdlich, wenn Erwachsene das Hobby Horsing intensiv betreiben. Denn es ist eine Sportart für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahren“, sagte Ulrich. Interessenten können sich jederzeit melden. Ihre Telefonnummer steht auf der Internetseite vom SV Grün-Weiß Tanna.

